Auf der Website der Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland ist über die Geschichte und den Hintergrund des gleichnamigen Netzwerkes für Frieden und Versöhnung Folgendes zu erfahren:
Am 14. November 1940 flog die deutsche Luftwaffe unter dem Decknamen „Unternehmen Mondscheinsonate“ einen schweren Luftangriff auf die englische Stadt Coventry. Mit über 550 Toten war es der Angriff, der die meisten Todesopfer aller deutschen Luftangriffe in England forderte. Darüber hinaus wurden große Teile der Innenstadt, 4330 Häuser und auch die im 14. Jahrhundert erbaute Kathedrale St. Michael zerstört.
Bald nach der Zerstörung ließ Dompropst Richard Howard mit einem verkohlten Stück Holz den Anfang des ersten Kreuzeswortes Jesu auf die Wand hinter dem Ruinenaltar schreiben: „Vater, vergib“. Bewusst verzichtete er dabei auf die Fortsetzung des Verses (Lukas 23, 34) – „Vater, vergib ihnen“. Nicht nur der Feind, sondern „wir alle haben gesündigt und ermangeln des Ruhmes, den wir bei Gott haben sollten“, hatte bereits Paulus geschrieben (Römer 3, 23). 1959 entstand aus diesen Worten das Versöhnungsgebet von Coventry, das bis heute jeden Freitag um 12 Uhr in der Ruine der Kathedrale gebetet wird.
Bereits am Weihnachtstag 1940 hatte Howard in einer landesweiten Rundfunkübertragung aus der Ruine der Kathedrale dazu aufgerufen, keine Rache zu üben, sondern nach dem Ende des Kriegs gemeinsam mit dem Feind an einer freundlicheren, dem Christuskind ähnlicher werdenden Welt zu arbeiten. Als Zeichen dieser Verpflichtung und Verheißung formte Pfarrer Arthur Wales aus drei Zimmermannsnägeln aus den Dachbalken der verbrannten mittelalterlichen Kathedrale ein „Nagel-Kreuz“.
In Coventry wurde entschieden, die Ruine der mittelalterlichen Kathedrale als Gedenkstätte zu erhalten und unmittelbar daneben eine neue Kathedrale zu errichten. Königin Elisabeth II. legte am 23. März 1956 den Grundstein für den Neubau. Am 30. Mai 1962 wurde die neue Kathedrale mit der Uraufführung von Benjamin Brittens „War Requiem“ eingeweiht.
Nach dem Krieg mündeten die Versöhnungsbemühungen u.a. in Städtepartnerschaften Coventrys mit Kiel und mit Dresden. Als Symbol wachsenden Vertrauens und gemeinsamer Verantwortung für den Frieden wurden diesen Orten ein Nagelkreuz aus Coventry überreicht. Später wurde das Nagelkreuz auch nach Berlin, Münster, Ottobeuren, Potsdam und viele andere im Krieg zerstörte Städte gebracht. Man nannte all diese Orte bald „Nagelkreuzzentren“. Im Laufe der Zeit kamen Zentren in anderen Ländern und neuen Krisengebieten, unabhängig vom Zweiten Weltkrieg, hinzu. Ein Beispiel dafür ist die City-Kirche St Ethelburga in London, die 1993 durch ein Bombenattentat der IRA schwer beschädigt wurde und seit dem Wiederaufbau ein Zentrum für Versöhnung und Frieden beherbergt.
So entstand ein internationales Netzwerk für Frieden und Versöhnung, das seit 1974 den Namen „Community of the Cross of the Nails“ trägt. Drei Ziele hat sich die Nagelkreuzgemeinschaft 2013 gegeben:
Die Nagelkreuzgemeinschaft in Deutschland e. V. besteht sowohl aus Einzelmitgliedern, als auch aus Nagelkreuzzentren. Die britische Website der Community listet die „Partners in the Community of the Cross of Nails“ in Europa und Übersee auf; Deutschland ist mit über 70 Kirchen und kirchlichen Einrichtungen das Land mit den meisten Partnern. Spirituelles Bindeglied aller Nagelkreuzzentren weltweit wurde die Versöhnungslitanei, die in Verbundenheit mit Coventry freitags gebetet wird.
Alle haben gesündigt und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten. (Römer 3, 23)
Den Hass, der Nation von Nation trennt, Volk von Volk, Klasse von Klasse,
Vater, vergib.
Das Streben der Menschen und Völker zu besitzen, was nicht ihr Eigen ist,
Vater, vergib.
Die Besitzgier, die die Arbeit der Menschen ausnutzt und die Erde verwüstet,
Vater, vergib.
Unseren Neid auf das Wohlergehen und Glück der Anderen,
Vater, vergib.
Unsere mangelnde Teilnahme an der Not der Gefangenen, Heimatlosen und Flüchtlinge,
Vater, vergib.
Die Gier, die Frauen, Männer und Kinder entwürdigt und an Leib und Seele missbraucht,
Vater, vergib.
Den Hochmut, der uns verleitet, auf uns selbst zu vertrauen und nicht auf Gott,
Vater, vergib.
Seid untereinander freundlich, herzlich und vergebet einer dem anderen, wie Gott euch vergeben hat in Jesus Christus. (Epheser 4, 32)